Erstveröffentlichung des Beitrags: 08.05.2018
Im Vertrieb gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Formen, in denen ein Hersteller seine Produkte verkaufen kann: direkten und indirekten Vertrieb. Streng genommen können nur Produkte indirekt vertrieben werden, da Dienstleistungen naturgemäß immer vom Anbieter selbst durchgeführt werden. Allerdings stellen Agenturen hier natürlich einen Vermittler und damit einen indirekten Vertrieb dar.
Die große Streitfrage ist: was ist denn nun besser? Profitiert ein Hersteller eher vom Direktvertrieb oder fährt er besser, wenn er seine Produkte indirekt vertreibt? Diese Frage ist für jedes Unternehmen eine absolute Grundsatzentscheidung und von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Daher werden wir der Frage, welche Vertriebsform für wen infrage kommt, in diesem Artikel einmal nachgehen. Dabei wird sich auch zeigen:
- was eigentlich genau der Unterschied zwischen direktem und indirektem Vertrieb ist,
- welche Einflussgrößen für die Entscheidung ausschlaggebend sind,
- warum die Entscheidung für eine Mischform ein vorsichtiges Abwägen erfordert
Was ist direkter bzw. indirekter Vertrieb?
Wenn wir über die verschiedenen Vertriebsarten sprechen, müssen wir zunächst einmal den Unterschied zwischen direktem und indirektem Vertrieb klären.
Wenn Du beispielsweise durch Herzogenaurach fährst, bei Adidas vorbeischaust und Dir ein paar Schuhe kaufst (weil Adidas dort seinen Werksverkauf betreibt), hast Du die Schuhe im Direktvertrieb erworben. Das bedeutet, der Hersteller verkauft selbst direkt an den Endkunden.
Anders sieht das aus, wenn Du in einen Sportladen gehst und Dir dort das Sortiment zeigen lässt. Wenn Dir dort ein Paar Schuhe von Adidas gefällt, das Du dann mit nach Hause nimmst, hast Du die Schuhe im indirekten Vertrieb erworben. Der Hersteller verkauft an den Handel, der wiederum an den Endkunden verkauft. Der Verkauf läuft also indirekt über den Handel statt.
Die wichtigsten Leitfragen
Um entscheiden zu können, welche Vertriebsform am besten zum Unternehmen passt, gibt es einige Leitfragen, an denen man sich orientieren kann.
1. Wie groß ist mein Markt?
Diese Frage ist bereits ein sehr interessantes Thema. Denn viele Unternehmen wissen gar nicht so genau, wie groß ihr Markt eigentlich ist. Dabei ist es sehr wichtig, nicht nur die Zielgruppengröße des Unternehmens zu kennen, sondern auch zu wissen, wer in dieser Zielgruppe ist und wo die Zielgruppe sich aufhält.
Das heißt, wenn Du Dich mit der Größe Deines Marktes beschäftigst, musst Du Dir über folgende Aspekte Gedanken machen:
- Anzahl der Kunden
- Geografische Ausdehnung
- Umsatzvolumen
Zunächst gilt es also zu ermitteln, wie viele potentielle Kunden für das Produkt infrage kommen. Das hängt natürlich auch davon ab, welche Regionen Du bedienst. Denn wenn Du Dich beispielsweise nicht nur auf Deutschland konzentrierst, sondern auch Österreich und die Schweiz hinzunimmst, hast Du gleich eine viel größere Zielgruppe als ein Unternehmen, das rein national aufgestellt ist. Es gibt schließlich viele verschiedene Möglichkeiten der Marktausdehnung:
- lokal
- regional
- überregional
- national
- international
- global
Zusätzlich zu Zielgruppengröße und geografischer Ausdehnung ist die Bestimmung der Marktgröße auch über das darin bestehende Umsatzvolumen möglich. Das heißt: wie viel Geld wird jährlich in diesem Markt umgesetzt? Diese Zahl ist interessant, um zu sehen, wie groß der Kuchen insgesamt eigentlich ist. Denn darauf aufbauend kannst Du dann grob einschätzen, wie viel Du möglicherweise von dem Kuchen für Dich gewinnen kannst.
Dass Du nicht den gesamten Kuchen haben kannst bedeutet, dass Du eine weitere Einflussgröße betrachten musst – nämlich den Wettbewerb. Wie viele Wettbewerber befinden sich bereit am Markt und wie viele davon sind ähnlich gut aufgestellt wie Du selbst, oder sogar besser? Hier solltest Du Dir einen klaren Überblick verschaffen.
2. Mein Produkt/Meine Dienstleistung
In Zusammenhang mit der Zielgruppe und auch in Bezug auf den Wettbewerb ist es natürlich auch wichtig, Dir darüber im Klaren zu sein, ob es sich bei Deinem Produkt um ein Massenprodukt oder eher um ein Nischenprodukt handelt.
Hier stellt sich also die Frage: ist mein Produkt für jedermann interessant, wie zum Beispiel eine neue Zahnpasta oder neue Hemdknöpfe, oder ist es etwas sehr Spezifisches, das nur wenige Kunden betrifft?
Wenn wir von einem Produkt für den Massenmarkt sprechen, ist grundsätzlich betrachtet der indirekte Vertrieb sinnvoller. Denn der Einzelhandel hat bereits die entsprechenden Vertriebsstrukturen, die es braucht, um das Produkt an den Kunden zu bringen.
Wenn es sich um ein sehr spezifisches und hochwertiges Produkt handelt, das eine kleine Zielgruppe anspricht, kann ein direkter Vertrieb die bessere Wahl darstellen. Dabei ist auch die Frage entscheidend, wie erklärungsbedürftig das Produkt ist. Je erklärungsbedürftiger das Produkt, desto sinnvoller der direkte Vertrieb. Denn wenn der Vertrieb des Produktes ein hohes Maß an Fachwissen verlangt, kann es sein, dass die Mitarbeiter des Handels dieses nicht mitbringen und sich auch nicht aneignen. Das Produkt würde dann weniger effektiv verkauft, als wenn jemand sich speziell das nötige Fachwissen aneignet bzw. dieses bereits mitbringt.
Ein weiterer wichtiger Punkt findet sich beim Thema Lager und Transport. Wenn Du als Hersteller über die Produktionsanlagen verfügst, aber selbst weder Lager- noch Transportstrukturen mitbringst, bist Du gut beraten, Dir einen Partner mit entsprechender Infrastruktur zu suchen. Läger und Fuhrparks sind teuer in Anschaffung und Unterhalt. Die Kosten dafür könnten die Kosten einer Kooperation mit dem Handel weit übersteigen. Daher ist es wichtig zu analysieren, ob der Aufbau einer eigenen Infrastruktur sich langfristig auszahlen würde.
3. Finanzielle Mittel
Ein wichtiger Punkt, der in jedem Unternehmen ständig präsent ist, sind die finanziellen Mittel. Denn selbst wenn das Unternehmen ein sehr erklärungsbedürftiges, hochwertiges Nischenprodukt anbietet, kann es aus Sicht der finanziellen Mittel sinnvoller sein, den indirekten Vertrieb zu wählen.
Gerade in der Anfangszeit kann es für Unternehmen einfacher sein, zunächst einen indirekten Vertrieb zu wählen und dann über den Zeitverlauf eigene Vertriebsstrukturen aufzubauen. Auf diese Weise bleibt das Risiko anfangs gering und es bleibt Zeit, langsam für eigene Strukturen zu sorgen.
4. Personal
In allen bereits genannten Punkten spielt vor allem auch das Personal eine wichtige Rolle:
- Personalbestand: es muss ausreichend Personal für den Vertrieb vorhanden sein.
- Erklärungsbedürftigkeit: es braucht gut geschultes Personal mit entsprechendem Fachwissen.
- Verkaufsstrategien: das Personal muss wissen, wer die Kunden sind und wie man am effektivsten an sie herantritt.
- Finanzielle Mittel: das Personal muss bezahlt werden.
- Effektivität und Effizienz: das Personal muss zielführend arbeiten und eine bestimmte Zahl an Abschlüssen erzielen können.
- Kontrolle: die Arbeit des Personals muss kontrollierbar und sein und unter Umständen gefördert werden können.
Die größte Problematik im indirekten Vertrieb ergibt sich im Punkt Kontrolle. Denn ein Unternehmen kann natürlich auch die Mitarbeiter des Handels im Punkte Fachwissen schulen, aber es kann nur schwer kontrollieren, ob oder wie diese der Erklärungsbedürftigkeit des Produktes gerecht werden – und entsprechend auch nicht nachschulen, belohnen oder sanktionieren. Denn fest steht, dass Handelsmitarbeiter nicht dieselbe Überzeugungskraft an den Tag legen werden, wie eigene Mitarbeiter, die für jeden Abschluss mit einer Provision belohnt werden.
Die Mischform aus beidem
Wenn Du nun den Status Quo Deines Unternehmens genau untersucht hast und vor der Entscheidung stehst: „Direkter oder indirekter Vertrieb?“, musst Du Dich nicht zwangsläufig für eines von beidem entscheiden. Denn im Zweifel kann auch eine Mischform aus beidem gewählt werden.
Natürlich muss auch hier im Einzelfall entschieden werden. Denn durch eine Mischform schafft man sich eine Wettbewerbssituation im eigenen Unternehmen. Dabei musst Du Dir beispielsweise auch überlegen, ob beim Produkt des Unternehmens der Preis oder die Leistung der Treiber ist. Denn wenn Du eine Agentur mit dem Vertrieb des Produktes oder einer Dienstleistung beauftragst, verkaufst Du hier möglicherweise über den Preis, nicht über die Leistung – während Du selbst versuchst, immer über die Leistung zu verkaufen.
Wie Du siehst, hängt die Entscheidung, ob direkter oder indirekter Vertrieb die beste Lösung ist, von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab. Die Analyse geht hier extrem tief und gerade bei einer Mischform, müssen Pro und Contra sehr genau gegeneinander abgewogen werden.
Ich bin jetzt gespannt auf Deine Meinung zum Thema direkter vs. indirekter Vertrieb. Schreibe mir gerne in die Kommentare, was Du zu dem Thema denkst!
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